Book a Tiger

„BOOK A TIGER – Jetzt persönliche Putzkraft finden. Geschult, versichert und vertrauenswürdig.“

 

Bei dieser Losung handelt es sich um einen Werbeslogan der Internetplattform Book a Tiger, bei der AuftraggeberInnen Reinigungskräfte für bestimmte Reinigungstätigkeiten für Privathaushalte und kleine Büros buchen können.[1] Angeboten werden die Dienste von Book a Tiger bisher in Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden und auch in Österreich. Der angebotene Service ist in Österreich – zumindest derzeit – nur im Großraum Wien verfügbar.[2]

 

Im gesamten Prozess lassen sich drei beteiligte Personen identifizieren: Die AuftraggeberInnen, die Plattform und die Reinigungskräfte. Um bei der Plattform als sogenannter „Tiger“ aufgenommen zu werden, müssen die BewerberInnen einen mehrstufigen Aufnahmeprozess durchlaufen. Die potenziellen Reinigungskräfte melden sich über die Homepage mithilfe eines Onlineformulars an und werden im Anschluss telefonisch befragt. Die Anmeldung kann aber auch über eine eigene App („BE A TIGER App“) durchgeführt werden.[3]

 

Durch die Tätigkeit der Plattform ergeben sich einige Vorteile für die Reinigungskräfte: Die Plattform übernimmt die Kommunikation mit den KundInnen. Ebenso werden die Marketing-Instrumente bis hin zur Ausstellung der Rechnung zentral von der Plattform gesteuert.[4] Dem „Tiger“ obliegt letzten Endes nur mehr die Ausführung der Arbeit. Die AuftraggeberInnen andererseits können flexible Dienstleistungen in Anspruch nehmen, ohne eine langfristige Vertragsbindung einzugehen. Eine gewisse Qualitätssicherung und Sicherstellung der Vertrauenswürdigkeit werden durch Zugangsbeschränkungen sowie Feedback- und Bewertungsmechanismen gewährleistet.

 

Die Tiger selbst müssen sich, bevor sie tätig werden können, auf der Webseite von Book a Tiger registrieren. Dazu müssen sie verschiedene persönliche Daten in eine Oberfläche eingeben. Darüber hinaus ist auch verpflichtend anzugeben, ob man EU-Bürger ist, welche Sprachen man spricht und ob ein gültiges Visum und eine aufrechte Arbeitsgenehmigung (falls erforderlich) vorliegen. Des Weiteren müssen potenzielle Tiger auch angeben, ob sie arbeitssuchend sind, als StudentInnen, in Teilzeit oder Vollzeit beschäftigt sind.[5]

 

Nach Absendung der Anmeldung wird der potenzielle Tiger im Rahmen eines Telefoninterviews befragt.[6] Abschließend wird der Account durch die Plattformbetreiberin freigeschalten. Dem Tiger werden danach diverse Arbeitsangebote zugesandt, die er/sie auf elektronischem Wege annehmen kann oder nicht.[7] Die Auftraggeberinnen selbst müssen sich bei Book a Tiger nicht registrieren. Für sie genügt es, im Rahmen des Auftragsprozesses die notwendigen Daten wie die Adresse der zu reinigenden Wohnung, den Termin sowie die Häufigkeit der Reinigung anzugeben und den AGB der Plattformen zuzustimmen.

 

Nach erfolgter Reinigung kann die arbeitende Person von dem/der AuftraggeberIn bewertet werden. Die Ratings dienen vermutlich dazu, dass Reinigungskräften mit niedrigen Ratings weniger bzw. keine Auftrage angeboten werden. Durch den Registriervorgang kommt zwischen den Reinigungskräften und der Plattformbetreiberin ein unbefristetes Vertragsverhältnis über die Übermittlung von Reinigungsangeboten zustande (Vermittlungsvertrag). Später werden einzelne Reinigungsangebote an die Reinigungskräfte übermittelt, die sie per App und PC annehmen können (Verträge über Reinigungsleistungen). Die Buchung der einzelnen Reinigungstätigkeiten von den AuftraggeberInnen ist vertragsrechtlich mangels Offenlegung als Vertrag zwischen den AuftraggeberInnen und der Plattform einzustufen.

 

Das Beispiel Book a Tiger zeigt, dass insbesondere die neue Arbeitsorganisation der Gig-Economy neue Herausforderungen an das Arbeitsrecht stellt. Die herkömmliche Betrachtungsweise führt zu schwierigen, möglicherweise nicht sachgerechten Ergebnissen und einer verkürzten Sichtweise, die der tatsächlichen Lebensrealitat der arbeitenden Personen in der Gig-Economy nicht gerecht wird. Das funktionelle ArbeitgeberInnensystem von Prassl bietet hier eine Möglichkeit, eine sachverhaltsnahe Beurteilung zu finden. Hierbei bleibt die Frage, ob dieser radikale Richtungswechsel bei der Qualifikation und Allokation von Verantwortlichkeiten notwendig und in anderen komplexen Fallen zielführend ist, bestehen. Der Fall von Book a Tiger zeigt jedoch auf, dass eine herkömmliche Betrachtung in diesen Konstellationen oft zu kurz greift. Beurteilt man den Sachverhalt mithilfe des funktionalen ArbeitgeberInnenkonzepts von Prassl, so sind die Reinigungskräfte klar als ArbeitnehmerInnen zu qualifizieren.

 

Auch die Betreiberin der Plattform mussten feststellen, dass sowohl die AuftraggeberInnen als auch die Tiger ein festes Arbeitsverhältnis bevorzugten. Es wird von einer Person, die in der eigenen Wohnung saubermacht – oft auch während man selbst nicht zu Hause ist – vor allem Qualität und Kontinuität erwartet. Aus diesem Grund wurden in Deutschland nunmehr bereits 500 Reinigungskräfte dauerhaft festangestellt.[8] Man sagt, Testmärkte hatten bereits ergeben, dass die Profitabilität mit klassischen Festangestellten gegenüber „Selbständigen“ sogar steigt – weil insgesamt weniger Leute eingearbeitet werden müssen, die dafür kontinuierlich Schichten übernehmen. Zudem stieg die KundInnenzufriedenheit und damit die Wiederbuchungsrate.[9] Dennoch forscht Book a Tiger an der Zukunft. So wird angedacht, Reinigungsroboter unter dem Label Book a Tiger zu bauen. Damit dürften die festangestellten ArbeitnehmerInnen dann wieder überflüssig werden.[10]

 

[1] Abrufbar unter https://www.bookatiger.com/at-de/ (29.09.2016).

[2] Neben Wien wird der Service auch fur die Gemeinden Gerasdorf bei Wien, Korneuburg, Langenzersdorf, Maria Enzersdorf, Perchtoldsdorf, Schwechat, Seyring und Wiener Neudorf angeboten. Siehe https://www.bookatiger.com/at-de/ (29.09.2016).

[3] Heiling/Kuba, Arbeit fur/durch die Plattform, Kurswechsel 2/2016, 13 (15).

[4] Vgl Ritter im Interview mit starting-up, http://www.starting-up.de/news/gruender-der-woche/gruender-der-woche-book-atiger.html (29.09.2016).

[5] Ritter im Interview mit starting-up, http://www.starting-up.de/news/gruender-der-woche/gruender-der-woche-book-a-tiger.html (29.09.2016).

[6] Siehe https://www.bookatiger.com/at-de/professional/signup (29.09.2016).

[7] Heiling/Kuba, Kurswechsel2/2016, 15; https://www.bookatiger.com/at-de/professional/signup (20.09.2016).

[8] Trotz intensiver Internetrecherche, schriftlicher und mündlicher Anfragen sowie einer Anmeldung als Reinigungskraft, die allerdings nicht zu einer Freischaltung geführt hat, bleibt offen, ob Reinigungskräfte bei Annahme von Reinigungsangeboten eigenen AGB zustimmen müssen. Die rechtliche Beurteilung dieses Beitrags erfolgt unter der Annahme, dass keine eigenen AGB bestehen und angeklickt werden müssen.

[9] Schröder, Eine Putzfrau ist keine Pizza, Handelsblatt vom 05.02.2016.

[10] Schröder, Eine Putzfrau ist keine Pizza, Handelsblatt vom 05.02.2016.

 

Weitere Infos zum Thema gibt es kostenfrei hier: www.gig-economy.at